waldlauf
wieder morgens laufen: man gewöhnt sich daran, umschattet von wald, begleitet von gewölbten tiefen zu laufen, unter einem schieferfarbenen himmel, der sich nur mühsam von den Kronen der Bäume rechts und links des weges ablöst, durch dickicht, das geradewegs in die nacht, ins wasser, in nester führt, in lichtungen auskommt, wo hexenhäuser wachsen. beim ersten, beim zweiten mal war es noch so unheimlich, daß man den atem anhalten wollte. das knacken überall, das prasseln von eicheln, die immer nur in unmittelbarer nähe fallen, als lenke sie ein widerstrebender baumwille, das gefühl von schritten im rücken, kein eigentliches geräusch, eine sinnesunbegründete gewißheit: das ist wer! so daß man sich zwingen muß, nicht ständig erschrocken den kopf zu wenden. überhaupt das erschrecken. dieses zusammenschrumpfen aller sinne, der zeit selbst, des blutes: einmal, als ich es noch nicht kannte, das kalte glimmen zweier punkte vor mir über den weg, ein reflektorstreifen! huschte laulos zum wegrain, wo es, was immer es war, stehenblieb, und meine phantasie schlug purzelbäume, was macht ein walker mit reflektorstreifen am walkingsstock morgens um sechs am wegrain? warum bleibt der stehen? wartet er auf mich, um mir im passenden moment mit seinem reflektorwalkingstock eins überzuziehen? modernes raubrittertum? ausgebrochener anstaltsinsasse?
monate später erkannte ich, daß es eine katze gewesen war.
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übrigens gibt es ohne welt auch keine geschichten (um auf einen deiner älteren beiträge streiflichternd einzugehen). jedenfalls keine, die außer dem, der sie geschrieben hat, verständlich wären. (und vielleicht nicht einmal diesem.)
Ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich an die Kraft der Sprache, im Sinne von Hoffnung, zu verstehen und verstanden zu werden, glaube. Ich glaube nicht. :-) Vielleicht gerade weil es eigentlich so sinnlos ist, kann man doch nur so gegen das Inseltum ankämpfen, und weil es keinen Sinn hat, ist es so schön, und manchmal passiert etwas, das unmöglich ist, ein Aufscheinen von Verstehen. Das reicht dann aus, um für den Rest des Lebens wenigstens ein bisschen glücklich zu sein. Oder so...
Was das Verhältnis von Welt zu Geschichten und umgekehrt angeht, muss ich ehrlich gestehen, dass ich über meine eigenen Behauptungen zwischendurch ins Wanken komme. Meist aber nicht lang genug, um eine Antithese zu formulieren, weil mir in den Geschichten dann doch wieder wohler (wahrer und schöner) ist als im Leben.
Das mit der Katze allerdings ist hochplausibel. Wie kann man das Monate später erkennen? Was tut eine Katze mit einem dieser grässlich unästhetischen Walkingstöcke?? (War die Katze tot, auf oder an einem solchen Stock aufgespiesst...? Nicht etwa, oder?!)