Dienstag, 28. August 2007

...

Englisch ist besser, und wenn es kein Englisch ist, dann soll es wenigstens so klingen.




La Tortuga (Gast) - 28. Aug, 12:14

Es wird immer schlimmer.

Neulich im Zug belauscht: eine junge Mutter, die mit zypriotischen Touristen ins Gespräch kam. Bei "Iu känn göu bäi fuut, itz not long" klinkte sich mein Ohr ein. Die Zyprioten staunten, endlich jemanden gefunden zu haben, der Englisch spricht. Die meisten Schweizer könnten nicht Englisch, bemängelten sie. Die Frau strahlte und befand: "Di öuld piipl not, di yang piipl nöu bikoos of dä miuusic." Und auf die Frage, was sie denn in Zürich tue: "Äi göu schopp wuis mäi tschäilds".
Ihrem Kind erklärte sie, dass diese Leute zuhause Griechisch sprechen. "Kannst du Griechisch?" fragte der Kleine. "Nein, Griechisch ist viieeeel schwieriger als Englisch," lachte sie. Folgerichtig der Bursch: "Warum sprichst du dann nicht Griechisch mit ihnen?" - Dem konnte ich nur still beipflichten...

Talakallea Thymon - 28. Aug, 12:23

Na ja, ich habe nichts gegen eine lingua franca, und da ich's einsehe, daß das mit dem lateinischen nichts mehr wird, soll es von mir aus Englisch sein, das kann sowieso schon jeder. nur daß angeblich nichts eigenes mehr gut klingt, das mag ich nicht einsehen.

ach, ich bewundere die isländer ...
La Tortuga (Gast) - 28. Aug, 18:18

Gegen die lingua franca an sich habe ich auch nichts. Mich stört nur, dass jeder, der sich ihrer bedient überzeugt ist, Englisch zu "können". Obwohl a) die gängige lingua franca schon nicht mehr viel mit Englisch gemein hat und b) es vermessen ist zu sagen, man "könne" eine Sprache. Man "kann" sie nie, meist nicht mal die Muttersprache. So wie oft behauptet wird: "Ich kann reiten" oder "Ich kann kochen" oder "Ich kann Klavier". Und wenn man dann hinsieht, können sie gerade mal haarscharf oben bleiben, Teewasser kochen und Alle-meine-Entlein-spielen. Es ist irgendwie respektlos der Sache gegenüber. Man "kann" überhaupt nie irgendetwas, egal wie lang man übt. Ich spreche oft Englisch, lese und schreibe es, aber ich "kann" es nicht.
(Der Fluch des Englischen ist zudem, dass es leicht zu sein scheint. Es täuscht ja gewaltig... Ich erinnere mich, dass ich den Einstieg ins Englische viel schwerer fand als denjenigen ins Französische, weil man von der Schreibweise nur selten auf die Aussprache schliessen kann. Manche scheinen das nicht zu bemerken oder tun sich eine andere Fremdsprache gar nicht mehr an, da die Schulen ja heute immer weniger Wert legen auf Fremdsprachen, die nicht Englisch sind.)
Talakallea Thymon - 29. Aug, 12:42

Die Sprache ist kein Gegenstand, der unabhängig existiert von denen, die sie benutzen. Ehe jemand den Mund aufmacht, gibt es die Sprache nur als Bewußtsein von Regeln im Kopf eines Sprechers. Mit anderen Worten: Die Sprecher aktualisieren dieses Regelwerk mit jeder Äußerung neu. Deswegen können sie auch nicht an der Sprache scheitern. Sie können nur im Kommunikationsakt scheitern, wenn das, was sie produzieren, nicht verständlich ist, beispielsweise. Eine wie auch immer geartete "Leistung" (aber das hat mit normalem Sprachgebrauch im Alltag nichts zu tun) kann höchstens darin bestehen, sprachliche Kunst zu produzieren. Aber hier zu sagen, der illiterate Muttersprachler beherrsche seine Sprache nicht, ist ungefähr so, als wolle man einem Spaziergänger die Beherrschung seiner Beine absprechen, indem man ihn mit einem Stepptänzer vegleicht.

Natürlich "kann" ein Muttersprachler (und oft sogar ein Zweitsprachenlerner) seine Sprache. Ein letztes Maß für die Beherrschung des Regelwerks Sprache ist immer nur der Muttersprachler, die muttersprachliche Kompetenz. Sie ist tatsächlich absolut. Darüber hinaus gibt es nichts, woran man ein "können" oder "nicht-können" bemessen könnte.

La Tortuga (Gast) - 30. Aug, 17:00

Ja, das leuchtet schon ein, auf der einen Seite. Trotzdem habe ich da so meine Zweifel (die in letzter Konsequenz wieder zu der Grundfrage führen, ob die Sprache die Realität beschreibt oder umgekehrt die Realität ein Produkt der Sprache ist... bekanntlich tendiere ich zu letzterem, wenn auch nicht mehr so puristisch wie auch schon). Also könnte doch die Sprache eine Art Matrix sein, unabhängig vom Kopf eines einzelnen Sprechers, sondern mehrdimensional in allen Köpfen. Und wenn dem so wäre, dann könnte man auch niemals von "können" im Sinne von Beherrschung/Meisterschaft sprechen. --- Und ganz praktisch: hört man z.B. einem Jugendlichen zu, wie er sich schätzungsweise 70 Wörtern seiner Muttersprache aktiv bedient und die übrigen 70'000 nichtmal kennt, dann scheint mir "können" schon einigermassen übertrieben. Aufs Spazieren übertragen wäre das ein Robben auf einem Ellenbogen.
Na gut - manchmal ists halt understatement. Solange ich immer noch Fehler baue im Englischen und hin und wieder zum Dixer greifen muss, würde ich mir niemals anmassen zu behaupten, ich könne Englisch. Irgendwie erwarte ich diese Bescheidenheit auch von anderen, damit niemand auf die Idee kommt, ich sei die einzige, die nicht Englisch könne. :-)
La Tortuga (Gast) - 30. Aug, 18:10

(uuups --- da müsste man jetzt doch noch allerhand editieren, meine Güte, was macht das für eine Fresse (hab mir inzwischen das B. (Bier) abgewaschen)) :-)

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